(1) Gerade im Onlinehandel trägt es sich regelmäßig zu, dass Käufer und Verkäufer einer Sache oft Hunderte von Kilometer voneinander entfernt sind. So kauft K aus Norddeutschland bei V in Süddeutschland ein Privatflugzeug PA 28 zum Preis von 35.000,00 EUR. In der Artikelbeschreibung ist „Selbstabholung beim Verkäufer“ vorgegeben. In der Folgezeit erweist sich die Piper PA 28 als mangelhaft. Der Käufer verlangt vom dem Verkäufer die Beseitigung der Mängel. Die Frage ist nun, an welchem Ort ist die Mangelbeseitigung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Muß der Käufer die PA 28 nach Süddeutschland zum Verkäufer verbringen damit der Verkäufer das Flugzeug dort repariert oder muß der Verkäufer nach Norddeutschland zum Käufer reisen und dort die Mangelbeseitigung am Flugzeug vornehmen?
Diese Frage war bis vor kurzem höchstrichterlich noch nicht geklärt. Von den Instanzgerichten wurden hierzu unterschiedliche Ansichten vertreten. Der BGH hat mit Urteil vom 13.04.2011, Az VIII ZR 220/10, diese Frage beantwortet. Streitgegenstand war nicht eine Piper PA 28, sondern ein mangelhafter Camping-Faltanhänger. Zum Verhängnis wurde dem Käufer, dass er den Verkäufer aufforderte, den Camping-Faltanhänger am Wohnort des Käufers abzuholen und die Mängel zu beiseitigen. Nachdem dies der Verkäufer ablehnte, trat der Käufer vom Kaufvertrag zurück und verklagte den Verkäufer auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der BGH lehnte dies ab und stellte fest, dass der Rücktritt von dem Kaufvertrag unwirksam war, weil der Käufer den Anhänger nicht zur Vornahme der Nacherfüllung an den Firmensitz des Verkäufers verbracht hat. Der Käufer wäre nämlich verpflichtet gewesen, die Kaufsache zum Verkäufer zu bringen. Der Erfüllungsort der Nacherfüllung bestimmt sich nämlich nach § 269 BGB. Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffene Vereinbarung entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztendlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat.
Achtung:
Anders verhält es sich bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages. Die Rückgabe der Kaufsache Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises hat nach überwiegender Ansicht dort zu erfolgen, wo sich die Kaufsache befindet, regelmäßig also beim Käufer.
Hinweis:
Erweist sich eine gekaufte Sache als mangelhaft, muß zunächst geprüft werden, an welchem Ort die Mangelbeseitigung erfolgen muß. Wer hier vorschnell den Verkäufer auffordert, die mangelhafte Sache zwecks Reparatur abzuholen, könnte rechtliche Nachteile erleiden.
Andererseits sollte sich ein Käufer nicht ohne Not darauf einlassen, die mangelhafte Sache zwecks Reparatur zum Verkäufer zu verbringen. Hier sollte zunächst der Vertrag, die Artikelbeschreibung oder sonstige Vereinbarungen gelesen und ermittelt werden, ob ein Erfüllungsort = Nacherfüllungsort vereinbart wurde.
Zudem gibt es Fälle, in denen die Nacherfüllung am Sitz des Verkäufers unangemessen ist, zum Beispiel bei Nachbesserungen von Gegenständen, die beim Käufer auf- oder eingebaut worden sind oder bei denen der Rücktransport zum Verkäufer aus anderen Gründen nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu bewerkstelligen wäre.
Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass der Verkäufer dem Käufer anfallende Transportkosten erstatten muß. Insofern sollte zunächst Kontakt mit dem Verkäufer aufgenommen werden um zu fragen, ob der Verkäufer gegebenenfalls günstigere Transportmöglichkeiten hat. In diesem Fall kann der Verkäufer später nicht entgegenhalten, die vom Käufer aufgewendeten Transportkosten seien nicht erforderlich gewesenn.
Und nochmals: An welchem Ort muß eine Mangelbeseitigung vorgenommen werden?
Geschrieben von Virabell Schuster am 03. April 2013
UpDate (2): Der BGH hat mit Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 96/12, nochmals entschieden, das die Mangelbeseitigung an einer gekauften Sache grundsätzlich an dem Ort zu erfolgen hat, an welchem der Schuldner (der Verkäufer) zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat, es sei denn, Käufer und Verkäufer haben etwas abweichendes vereinbart. Problematisch wird die Fallkonstellation immer dann, wenn Käufer und Verkäufer an unterschiedlichen Orten wohnen und die Ware über das Internet gekauft wurde. Erweist sich dann die gekaufte Ware als mangelhaft, muß der Käufer den Verkäufer zunächst auffordern, den Mangel zu beseitigen. Wer hier jedoch Fehler begeht, verliert als Käufer seine Gewährleistungsrechte. Denn ein taugliches Nacherfüllungserlangen muß auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Sache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist deshalb nicht verpflichtet, sich auch ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung gegeben hat.
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