Mahnbescheid oder Vollstreckungsbescheid von Filesharing Anwälten erhalten?

Immer häufiger wird im Internet auf verschiedenen Seiten berichtet, dass die Rechteinhaber der Musik- und Filmindustrie durch ihre Anwälte Mahnbescheide gegen Abgemahnte beantragen. Gegenstand der Mahnbescheide sind Kostenforderungen aus angeblichem illegalem Down- und Upload von urheberrechtlich geschützten Werken in Tauschbörsen und aufgrund dessen ausgesprochener Abmahnungen.

Ungeachtet von der Frage, ob der abgemahnte Betroffene den illegalen Down- und Upload vorgenommen hat, bietet die beschriebene Fallkonstellation verschiedene Verteidigungsmöglichkeiten. Nach Erhalt eines Mahnbescheides ist es daher zunächst wichtig zu prüfen, ob innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Mahnbescheides Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt werden soll. Gerade bei Zustellung eines Mahnbescheides kurz vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist ist der Mahnbescheid sorgfältig auf formelle Fehler zu überprüfen. So könnte die Unbestimmtheit der Forderung dazu führen, dass die Zustellung des Mahnbescheides die Verjährung der Forderung nicht gehemmt hat mit der Folge, dass mit Ablauf des Jahres der Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann, sofern der Betroffene sich auf die Verjährung beruft.

Eine andere zu prüfende Frage ist, ob der Mahnbescheid oder auch der Vollstreckungsbescheid überhaupt wirksam zugestellt wurde. Diese Frage drängt sich insbesondere dann auf, wenn seit Zugang der Abmahnung und Zustellung des Mahnbescheides oder Vollstreckungsbescheides ein sehr langer Zeitraum verstrichen ist. Denn es könnte sein, das der betroffene Abgemahnte umgezogen ist und der Mahnbescheid oder Vollstreckungsbescheid an die ehemalige Wohnanschrift zugestellt wurde. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine solche Zustellung unwirksam. Dies hätte wiederum zur Folge, dass möglicherweise die Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheides nicht gehemmt wurde oder aber dass gegen den Mahnbescheid oder Vollstreckungsbescheid noch Rechtsmittel eingelegt werden könnte.

Der BGH hatte mit Urteil vom 16.06.2011, Az. III ZR 342/09, über eine derartige Konstellation zu entscheiden. Es ging zwar nicht um einen Mahnbescheid über Abmahnkosten, sondern um einen Provisionsanspruch in beachtlicher Höhe. Die Schuldnerin wurden zunächst ein Mahnbescheid und dann ein Vollstreckungsbescheid an eine Adresse zugestellt, an der sie nach ihrer Behauptung nicht mehr ansässig war. In dem Fall kam es auf die Frage an, ob die Schuldnerin an dem Tag der Zustellung des Vollstreckungsbescheides in dem Haus noch ansässig war. Der BGH stellte hierzu allgemein fest:

„Hat der Adressat die Nutzung der Räume aufgegeben, ist eine Zustellung an ihn dort nicht mehr möglich. Die Aufgabe setzt einen entsprechenden Willensentschluss voraus, der nach Außen erkennbaren Ausdruck gefunden haben muß. […] Dies setzt indessen nicht voraus, dass ihr Inhaber alle Merkmale beseitigt, die den Anschein erwecken könnten, er nutze die Wohn- bzw. Geschäftsräume dort auch weiterhin. Insbesondere genügt die Existenz eines Namensschilds nicht, [….]

Selbst wenn also der betroffene Abgemahnte nach dem Auszug aus seiner ehemaligen Wohnung versäumt hätte, sein Namensschild von dem Briefeinwurf zu entfernen, könnte er sich auf eine unwirksame Zustellung des Mahnbescheides berufen, wenn er tatsächlich umgezogen ist und unabsichtlich versäumt hat, das Namensschild zu entfernen.

Hinweis: Wenn Sie also einen Mahnbescheid oder einen Vollstreckungsbescheid erhalten haben (zum Beispiel an Ihre ehemalige Wohnanschrift), lassen Sie unbedingt prüfen, ob die Zustellung wirksam erfolgt ist. Aber auch wenn die Zustellung wirksam an Ihre aktuelle Wohnanschrift erfolgt ist, sollten Sie sich im Zweifel bezüglich der weiteren Vorgehensweise beraten lassen.

Wenn Sie auch einen Mahnbescheid oder einen Vollstreckungsbescheid über Abmahnkosten erhalten haben, teilen Sie dies anderen Betroffenen hier im BLOG mit.

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Ein Kommentar:

Ich bin zum 01.11.2012 umgezogen, habe anständig einen Nachsendeauftrag laufen und wie es sich gehört sogar meinen Anwalt darüber informiert. Heute öffne ich meinen Briefkasten und habe einen Vollstreckungsbescheid drin. Man fasst es nicht. Ich habe sofort meinem Anwalt eine E-Mail geschrieben. Ich hab natürlich schiss was passiert, aber ich muss jetzt wieder abwarten. Was Ex-Freunde einem alles hinterlassen können und das seit 2009. Eine nerver ending storry!!!