Im Frühjahr dieses Jahres war es plötzlich da, ein unangenehm ziehendes Gefühl im rechten Unterarm. Kein echter Schmerz, jedenfalls noch nicht, aber ein Symptom mit klarem Potenzial zur Verschlechterung. Da auch ich mein Auskommen durch Arbeit an der PC Tastatur erwirtschaften muss, schien mir die Aussicht auf ein Karpaltunnelsyndrom oder eine Sehnscheidenzündung wirklich alles andere als verlockend. Bekannte von mir haben in dieser Hinsicht so einiges durchlitten. Teilweise mussten Hände unters Skalpell. Nun bin ich aber einer von jenen Zeitgenossen, die nicht unbedingt mit jedem Symptom gleich zum Hausarzt oder Spezialisten laufen. Stattdessen nutze ich im ersten Schritt stets das Internet zur Aufklärung.
Bald stieß ich auf ein Übungsgerät namens Gyrotwister der gleichnamigen Firma. Der Markt kennt vergleichbare Geräte mindestens auch unter folgenden Namen: Dynabee, Powerball, RollerBall, Bushido Ball, Spin Ball, “Timmi Ball” oder Gyro Exerciser von verscheiden Herstellern. Einfachste, für den Zweck aber durchaus ausreichende Geräte sind vorwiegend aus Plastik gefertigt und sind über das Internet leicht bestellbar. Sie kosten unter 20 €. Wer eine Ausführung möchte, die mittels eingebauter Elektronik z.B. die Drehzahl misst oder sogar das Training protokolliert, muss etwas tiefer ins Portemonnaie greifen. Ebenso gibt es Ausführungen, die sich eher exklusiv in Design und der mechanischen Verarbeitung zeigen und außerdem aus Metall gefertigt sind. Solche Geräte kosten dann gern schon mal so um die 80 €.
Eine etwas genauere Beschreibung:
Es handelt sich um ein etwa tennisballgroßes, kugelförmiges Übungsgerät, welches beim Training in einer Hand gehalten wird. Im Innern der äußeren Kugel befindet sich eine kugelformähnliche Schwungmaße die üblicherweise um die 200 Gramm wiegt. Diese Schwungmasse ist mit einer Achse in einem ebenfalls drehbareren Ring aufgehängt. Zweck dieser Konstruktion ist, dass sich die Schwungmasse im Innern der äußeren Kugelschale in zwei Achsen drehen kann. Es geht nun darum, die innere Schwungmasse in sehr schnelle Rotation zu versetzen und durch geeignetes drehen und kippen der Hand, in möglichst schneller Rotation zu halten bzw. dieses dann ausreichend lange durchzuhalten. Die Schwungmasse kann dabei mit bis zu 16000 Umdrehungen pro Minute rotieren. Die dabei entstehenden und auf Hand und Arm wirkenden Kräfte können dabei ziemlich enorm sein. Bei regelmäßigem Training werden so ziemlich alle Muskeln und Gelenke im Hand- und Armbereich auf eine solche Weise beansprucht, die diesen gesamten Apparat kräftigt und dadurch helfen kann, schmerzhafte Erscheinungen wie eingangs beschrieben, wirksam zu bekämpfen. Abgesehen vom therapeutischen Effekt hat der Gyrotwister auch einen ganz erheblichen Spaßwert, denn seine Handhabung ist am Anfang nicht wirklich trivial. Man muss den „richtigen Dreh“ schon erst einmal herausbekommen und wird allein dadurch ins Schmunzeln kommen, weil man feststellt, wie ungeschickt man sich beim Erstkontakt anstellt.
Ich bin jedenfalls so begeistert, dass ich kürzlich auf einer Geschäftsreise nach London gleich sechs Gyrotwister mitnahm. Dort habe ich sie an meine Teamkollegen zu verteilt, Menschen die allesamt ebenfalls, täglich stundenlang mittels Computertatstur ihre Hände quasi foltern. Ihr könnt euch leicht vorstellen, wie lustig das Szenario war. Niemand kannte solches Spielzeug. Somit war es an mir, die Jungs in der Handhabung zu unterweisen. Natürlich ist Gyrotwister kein Spielzeug nur für Jungs. In unserem Team liegt einfach nur die Frauenquote bei Zero Prozent.
Noch etwas zur Handhabung:
Jedem solchen Ball ist mindesten ein schnürsenkel-ähnlicher Faden beigelegt. Dieser wird zum Zwecke des „Aufziehens“ mit einem Ende in ein Loch in der inneren Schwungmasse gesteckt und nun in einer Nut auf die Schwungmasse aufgewickelt bis nur noch ein kurzes Ende herausragt. Rechtshänder werden den Ball hierzu in der rechten Hand halten und mit der Linken den Faden mit einer ruckartigen Bewegung herausziehen. Dadurch wird eine recht ordentliche Anfangsdrehzahl erreicht. Als fortgeschrittener Anwender benötigt man den Faden nicht mehr. Ein ärmelloser Unterarm genügt dem „Experten“ um hieran die Kugel schnell herabzurollen und dadurch ausreichenden Anfangsschwung zu bekommen. Auf dieses Niveau habe ich meine Londoner Kollegen in der einen Woche lieber mal nicht gebracht. Erstens, weil wir auch noch anderes zu erledigen hatten. Zweitens, weil ich es gar nicht wirklich wollte, dass sie zu schnell zu fortgeschrittenen Anwendern werden. Denn schmeichelt die Frage: „Hey, wie gelingt dir das nur ?“ nicht, gepaart mit dem belustigenden Unterhaltungswert, den es hat, die anderen vorerst immer wieder beim Scheitern zu erleben.
Die Packungsbeilage weist auch darauf hin, dass regelmäßiges Training nicht nur für Computerleute empfohlen wird. Das Spektrum der Anwender schließt jeden ein, wer lang andauernd, relativ monotone, wiederholenden und belastende Hand- und Armbewegungen ausführen muss. Genannt wurden Tennisspieler genauso, wie Kletterer und Musikinstrumentalist.
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