Branchenbuchabzocke durch versteckte Kostenpflicht im Kleingedruckten!

(1) Immer wieder werden Gewerbetreibende Opfer sogenannter Branchenbuchabzocke. Die Gewerbetreibenden tragen gutgläubig ihre Daten in vorausgefüllte Formulare und glauben, der Eintrag sei kostenlos. Tatsächlich sind die Einträge kostenpflichtig. Die Kostenpflicht ist zumeinst versteckt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. In dieser Konstellation stellt sich die Frage, ob eine solche Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig ist.

Der Bundesgerichtshof hat hierzu mit Urteil vom 26. Juli 2012, VII ZR 262/11, entschieden, dass eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb nicht Vertragsbestandteil wird (§ 305c Abs. 1 BGB*).

Lesen Sie hierzu die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 123/2012 vom 26.07.2012:

„Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als “Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…” bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten “X” hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: “Rücksendung umgehend erbeten” und (unterstrichen) “zentrales Fax”. Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.

Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift “Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)”. In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: “…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr….”

Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür 773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

Der u. a. für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall machte bereits die Bezeichnung des Formulars als “Eintragungsantrag Gewerbedatenbank” nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage ist daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.“

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 123/2012 vom 26.07.2012:

Praxistipp: Wenn auch Sie ungewollt einen Vertrag über einen kostenpflichtigen Branchenbucheintrag abgeschlossen und eine diesbezügliche Rechnung erhalten haben, dann lassen Sie zunächst prüfen, ob es sich bei der versteckten Kostenpflicht um eine zulässige allgemeine Geschäftsbedingung handelt.


Rechnung für kostenpflichtigen Branchenbucheintrag nicht vorschnell bezahlen!

Geschrieben von Virabell Schuster am 07. September 2012

UpDate (2): Auch das Landgericht Flensburg hat bereits mit Urteil vom 08.02.2011, 1 S 71/10, in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass eine „versteckte Kostenpflicht“ in einem Formular für einen Branchenbucheintrag intransparent und ungewöhnlich und damit gemäß § 305 c BGB unwirksam ist. Zum einen sei ein Preis von jährlich 910,00 EUR netto für den Eintrag von Grunddaten in einem Internetverzeichnis ungewöhnlich und überraschend, weil derartige nicht werbewirksame Einträge weitgehend unentgeltlich angeboten werden. Zum anderen müsse der Preis der Leistung in Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV der Leistung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar sein (ähnlich: Amtsgericht München, Urteil vom 27.04.2011, 213 C 4124/11).

Allgemeiner Hinweis: Es muß also geraten werden, Gebühren für Branchenbucheinträge nicht ohne vorherige Prüfung der Sach- und Rechtslage zu bezahlen. Im Zweifel sollte man sich anwaltlich beraten und die Ansprüche gegebenenfalls zurückweisen lassen.

Aufgrund der täglichen Bearbeitung von einer Vielzahl derartiger Fälle kann ich Ihnen schnell und kompetent weiterhelfen. Ich berate und vertrete deutschlandweit!


Wieder kein Zahlungsanspruch wegen Branchenbuchabzocke!

Geschrieben von Virabell Schuster am 21. November 2012

UpDate (3): Immer mehr Gerichte entscheiden in den Fällen von Branchenbuchabzocke zu Gunsten der Betroffenen (siehe oben). Konkret geht es um die Fälle, in denen frisch gebackene Gewerbereibende von einem Branchenbuchbetreiber ein Formular erhalten mit der Aufforderung, dieses zwecks Eintrags des Gewerbes in ein Onlineregister zu unterschreiben. Auf den ersten Blick erscheint diese Leistung kostenlos zu sein. Erst auf den zweiten Blick findet sich die Kostenpflicht versteckt im Kleingedruckten. Jetzt hat auch das Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 26.10.2012, 13 S 143/12, entschieden, dass in einem solchen Fall die Kostenpflicht eine Überraschungsklausel gemäß § 305 c I BGB ist und der betroffene Gewerbetreibende die Gebühr daher nicht bezahlen muß.


Wieder kein Zahlungsanspruch im Falle einer Branchenbuchabzocke! Nicht zahlen, erst prüfen!

Geschrieben von Virabell Schuster am 26. Februar 2013

UpDate (4): Wieder hat ein Gericht in einem Fall der Branchenbuchabzocke zu Gunsten der Betroffenen entschieden. Diesmal ging es um einen kostenpflichtigen Eintrag in einem „Ärzteverzeichnis“. In dem zu unterschreibenden Formular waren die Begriffe „Eintragungsantrag und Korrekturabzug“ sowie „Änderungen kostenlos“ fett gedruckt. Nur in einem nicht hervorgehobenen Sternchenhinweis wurde im Schreiben darauf hingewiesen, dass der Eintrag kostenpflichtig ist. Das Landgericht Bonn hat mit Urteil vom 20.04.2012 (5 S 82/12) den Zahlungsanspruch aufgrund arglistiger Täuschung abgewiesen und festgestellt, dass in einem solchen Fall die Kostenpflicht eine Überraschungsklausel gemäß § 305 c I BGB ist und der betroffene Gewerbetreibende die Gebühr daher nicht bezahlen muß.

 


Wieder kein Zahlungsanspruch bei versteckter Kostenpflicht im Anmeldeformular Branchenbuch

Geschrieben von Virabell Schuster am 28. Mai 2014

UpDate (5): Erneut hat das Landgericht Saarbrücken in einem Urteil vom 06.09.2013, 10 S 185/12, einen Anspruch auf Zahlung für den Eintrag in ein Branchenbuch abgelehnt mit der Begründung, dass eine Entgeltabrede für die Eintragung in ein Branchenverzeichnis im Internet, mit welcher der Empfänger eines Formularschreibens aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes nicht rechnen musste, auch dann als überraschende Klausel im Sinne des § 305C Absatz I BGB unwirksam sein kann, wenn in dem in kleinerer Schrift gehaltenen Fließtext des Formulars mehrfach sprachlich eindeutig darauf hingewiesen wird, dass mit der Unterschriftsleistung ein kostenpflichtiger “Premiumeintrag” verbunden ist.


Wieder kein Zahlungsanspruch bei versteckter Kostenpflicht im Anmeldeformular Branchenbuch

Geschrieben von Virabell Schuster am 25. Juli 2014

UpDate (6): Wieder hat ein Gericht in einem Fall der Branchenbuchabzocke zu Gunsten der Betroffenen entschieden. In dem zu unterschreibenden Formular war der Begriff „Korrekturabzug“ sowie „Änderungen kostenlos“ fett hervorgehoben. Das AG Überlingen hat mit Urteil vom 10.06.2014 (2 C 71/14) den Zahlungsanspruch aufgrund arglistiger Täuschung abgewiesen und festgestellt, dass nicht ersichtlich gewesen sei, dass es um den Abschluss eines Neuvertrages gehe. Insofern liege eine Irreführung vor. Die im Kleingedruckten versteckte Kostenpflicht sei daher überraschend.


Kein Zahlungsanspruch bei hohen Kosten für Eintrag in unbekannten Onlineregister

Geschrieben von Virabell Schuster am 13. Januar 2015

UpDate (7): Das Landgericht Wuppertal hat mit Urteil vom 05.06.2014, 9 S 40/14, den Zahlungsanspruch für einen Eintrag in einem unbekannten Branchenbuch abgelehnt. Dort betrugen die jährlichen Kosten 910,00 EUR. Das Gericht lehnte den Zahlungsanspruch ab und stufte den Vertrag als wucherähnliches Rechtsgeschäft ein. Dies hatte zur Folge, dass der Vertrag gemäß § 138 I BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam war. Zur Begrünung wurde weiter ausgeführt, dass im Verhältnis zum Preis das Branchenbuch nicht bekannt und über die Suchmaschinen auf den ersten fünf Seiten nicht zu finden war.


Kein Zahlungsanspruch bei Branchenbucheintrag aufgrund unverlangtem Anruf

Geschrieben von Virabell Schuster am 30. Juli 2015

UpDate (8): Das AG Bonn hat mir Urteil vom 23.06.2015, 109 C 348/14, entschieden, dass wenn ein Gewerbetreibender aufgrund eines Cold Calls einen Vertrag über die Eintragung seiner Firmendaten in ein Branchenverzeichnis eingeht, steht dem Gewerbetreibenden ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Eintragungskosten zu. Denn der unerwünschte Werbeanruf stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Dieses Urteil könnte sowohl in diesem EBVZ-Fall als auch im Rocket Concept AG-Fall relevant sein!

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4 Kommentare:

Sehr geehrte Frau Schuster, auch ich war so leichtgläubig und bin auf eine solche Mache reingefallen. Ich habe das Formular der GWE-Wirtschaftsinformations GmbH unterzeichnet.Hilft mir das Urteil da weiter? Insbesondere wenn man sieht wie viele andere davon betroffen sind.

Leider bin ich auch reingefallen von diese werbe Telefonat.und mündlich Vertrag abgeschlossen.Wie komme ich wieder raus?muss ich den Betrag zahlen den?.Konnten Sie mir bitte weiter helfen?

Guten Tag, meine Name ist Gisela Meyer und ich bin auf diesen Anruf reingefallen. Ich habe gar keine Rechnung bekommen sondern gleich eine Mahnung vom Inkasso Unternehmen. Ich habe das versucht auszusitzen aber alleine schaffe ich es nicht. Was kann ich tum?

Sehr geehrte Anwaltskanzlei Schuster, ich betreibe ein Unternehmen in Österreich und bin ebenfalls auf diese Betrugsmasche hereingefallen und habe beim Telefonat “Ja” gesagt! Bitte um Hilfe! Ich warte noch auf die Rechnung und werde sie Ihnen zusenden.